Tanja Thoma kommt gerade vom Joggen zurück. Es ist sechs Uhr morgens und der Alltag in Costa Rica beginnt für die 23-jährige aus Cham. Das vertraute «Kling» ertönt auch schon aus ihrem PC-Lautsprecher. Im Minutentakt treffen neue Nachrichten über Facebook und E-Mail ein. «Meine Haupttätigkeit besteht aktuell darin, Reisenden zu helfen, die Unterstützung zum Beispiel beim Umbuchen ihrer Flüge haben oder irgendwo gestrandet sind», erklärt die gelernte Medizinische Praxisassistentin. Die Kunden von Swiss Tropical Tourism sind bereits alle wieder in der Schweiz. «Wir machen keinen Unterschied, ob jemand eine Reise bei uns gebucht hat, oder nicht. In so einer Extremsituation gilt es einfach zu helfen.» Letzten Sommer kam bei Thoma das Bedürfnis nach einem Abenteuer auf. «Ich liebe meinen Beruf in der Arztpraxis, wollte aber noch etwas ganz anderes ausprobieren.» So schickte die passionierte Wanderin eine Blindbewerbung ans Gasthaus Göschenenalp und bekam einen Job als Allrounderin für eine Saison. «So konnte ich wandern und arbeiten perfekt verbinden», so Thoma. Doch auch nach ihrem Abstecher in die Berge war ihr Durst nach Abenteuer noch nicht gestillt.
Besuch des Sohns des «Ananaskönigs»
Die letzten fünf Monate gestalteten sich für die weitgereiste Zugerin als die Zeit ihres Lebens. Sie begleitete Rundreisen, besuchte Hotels und koordinierte alle Anfragen aus dem
deutschsprachigen Raum. Ihr Arbeitgeber ist Stéphane Dähler, der Sohn des «Schweizer Ananaskönigs». «Stéphane machte bei meinen Eltern die Lehre als Koch. Damals noch im Restaurant Muggensturm in
Bischofszell. Da war ich gerade mal drei Jahre alt.» Ihr Vater ist ein Sternekoch und führt heute die Wirtschaft zur Burg in Meilen. Der Kontakt zu Stéphane Dähler blieb bestehen, auch wenn die
Familien tausende Kilometer trennten. So besuchte sie ihn schon zwei Mal in Costa Rica und verliebte sich in Land und Leute. Nach einer Saison auf der Alp fragte sie spontan den einstigen
Kochlehrling Dähler, ob er Hilfe brauche in seinem Reisebüro in Costa Rica. «Es fühlte sich einfach richtig an. Ich packte meine sieben Sachen und stieg in den Flieger.»
Im Einsatz um zu helfen
Dass das Corona-Virus ihre Arbeit in den letzten Wochen ihres Aufenthaltes so beeinflusst, daran dachte sie vor ihrer Abreise gewiss noch nicht. In Costa Rica gibt es bisher nur 35
bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Menschen. «Es ist wirklich unglaublich, wie effizient und fürsorglich die ‘Ticos’ sind.» So dürfen zum Beispiel ältere Menschen vor allen
anderen morgens Einkaufen gehen und für sie fahren Sonderbusse. Dazu liefern Apotheken Medikamente nach Hause und die Post richtete extra eine Webseite ein, über die man sich Desinfektionsmittel
für die Hände innerhalb 24 Stunden liefern lassen kann. «Vor den Spitälern wurden dazu Notfallzelte aufgebaut. Diese sind zum Glück nicht in Gebrauch, aber sie sind vorbereitet.» Nach dem Aufruf
des Bundes möchten trotzdem viele Reisende nach Hause fliegen und Tanja Thoma und das Team von Swiss Tropical Tourism helfen ihnen dabei.
«Es ist eine fordernde Zeit, aber auch sehr erfüllend.» Sie erzählt, dass sie mit dem Team auch am Flughafen mithilft. «Bei den riesigen Besucherströmen sind manche Mitarbeiter des Flughafens überfordert und verstecken sich sogar vor den Reisenden.» So sprangen Thoma, Dähler und ihre Crew spontan ein und koordinierten den ausserordentlichen Betrieb. «Bis auf eine Handvoll Reisende konnten wir bisher für alle einen Rückflug organisieren. Die restlichen konnten am nächsten Tag nach Hause fliegen. Wir organisierten Hotelzimmer für sie und fuhren sie mit unserem Car dorthin.»
Keine Angst vor der Zukunft
Auch wenn für dieses Jahr keine Rundreisen mehr geplant sind, schaut Thoma optimistisch in die Zukunft. «Wir stecken nicht den Kopf in den Sand, sondern sind eifrig dabei, Reisen für 2021 zu
planen.» Sie unterstützen auch andere kleine Reiseanbieter und machen Werbung für ihre Touren. Dazu sei auch die «grüne» Saison sehr attraktiv für Touristen. «Von Mai bis November ist es herrlich
grün in Costa Rica. Wir bieten neu auch individualreisen an, bei denen die Gäste mit SUV’s unterwegs sind», erzählt Tanja Thoma. In Costa Rica ist Wildcampen erlaubt und so kann das Auto an den
imposantesten Orten wie vor einem Wasserfall oder am Meer geparkt werden, erzählt Thoma. «Man reist sozusagen im eigenen Haus und schläft immer im selben Bett. In Zeiten wie diesen und auch noch
danach wohl eine der vernünftigsten Arten zu reisen.» In den nächsten Tagen ist ihr Praktikum zu Ende, doch Tanja Thoma kommt wieder. «So viel ist schon mal klar.»

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